Positioning - Positionierung
Statements aus soziologischer und pädagogischer Perspektive. Entnommen aus vorlegenden deutschsprachigen Veröffentlichungen.
Optionen statt Perspektiven
Claus Tully: „Die absolute Gegenwart, die Konzentration auf das Jetzt - das ist das gesamtgesellschaftliche Problem, das hinter den Schwierigkeiten vieler Jugendlicher steht, ins Leben zu finden. Oder umgekehrt formuliert: Der gesamten Gesellschaft fehlen die Perspektiven - wie können wir da von Jugendlichen verlangen, dass sie welche entwickeln? Als zukunftsfähig gelten Innovationen der digitalen Welt, obgleich diese vorrangig die Konzentration auf den Moment befördern, das zeigt das Dilemma. Wir brauchen stattdessen soziale Perspektiven, an denen sich Neuerungen bemessen lassen.
Erst dann können auch Jugendliche für sich einen Platz in der Gesellschaft sehen. Sie müssen wissen, worauf sie setzen können. Sie brauchen Verlässlichkeit. Es reicht nicht, hnen zu sagen, dass sich schon irgendwie neue Möglichkeiten einstellen werden“.
Aus: „Morgen ist egal“, Süddeutsche Zeitung, Oktober 2013.
Was folgt dem Denken mit Bildern
Claus Tully: „Es geht nicht darum, ob, wie die Kritiker meinen, mit den Bildern das Ende des Denkens einsetzen würde. Dieser Einwand ist sicher strittig“.
„Viel wichtiger erscheint, dass mit Bildern die Art der Wissensweitergabe, die Form der Bündelung von Informationen und das Denken geformt werden. Es ist gängig geworden, Bildern in den kommunikativen Austausch einzubauen und da Bilder immer kontextabhängig sind, ist dies folgenreich für die Wahrnehmung, und die Aneignung von Wissensbeständen“.
Aus: „Schattenspiele -Technik formt Alltag“ (Reihe Zukünfte, hersg. Von L. Böhnisch u.a.), Beltz Juventa, 2014.
Zur Entwicklung weg von formalen und geordneten gesellschaftlichen Verhältnissen
Claus Tully: „Was die sozialen Entwicklungen betrifft, so ist hier an die Ausdifferenzierung einer „Civic culture“ der Bundesrepublik zu erinnern. Die politische Nachkriegsordnung war eine der geordneten Verhältnisse, und es war ein langer Weg .. zu(r) .. Entformalisierung und Differenzierung. Zu den wenigen Interessenverbänden haben sich, beginnend mit den „außerparlamentarischen Protesten“ der 68er Jahre, neue Formen der Teilhabe ausgebildet. Bürgerinitiativen und Ökologie – und Friedensbewegung – sind Ausdruck für ein breites Spektrum von „neuen sozialen Bewegungen“. Die neu entstehenden Bewegungen haben .. Einfluss auf die traditionellen Interessenverbände – Gewerkschaften, Kirchen, Parteien und Vereine – genommen. In der Auseinandersetzung mit den traditionellen Verbänden ist es zu Revisionen traditioneller politischer Strukturen und deren Vermittlung hin in die Öffentlichkeit gekommen. Es sind aber nicht nur die politischen Rahmungen verändert worden, sondern die 68er standen letztlich auch dafür, dass neue politische und kulturelle Standards einzogen. Formale Regelungen für Kleidung, Umgangsformen usw. wichen eher ästhetischen Mustern, die vorrangig individuelle Präferenzen und eben nicht mehr kulturelle Standards spiegelten“.
Aus: „Verändertes Lernern in modernen technisierten Welten“ (S. 13), Wiesbaden, VS Verlag, 2004.
Was kennzeichnet Informelles Lernen
Claus Tully: „Wer informell lernt, befindet sich näher am Alltag und seinen Herausforderungen. Informell erworbenes Wissen ist aktuell und flexibel und es ist lokal, sachlich und temporal entkoppeltes Wissen. Informelles Lernen ist tendenziell offen, situationsbezogen, vorwiegend ganzheitlich, praktisch und fächerübergreifend“, es ist aber auch anlassbedingtens, zufälliges, auf den eigenen Erfahrungskreis begrenztes Lernen“.
Aus: „Informelles Lernen“ (S. 83), in: Zeitgemäße Bildung, Hersg. v. Otto/Oelkers, 2006.